Podcast machen II: Inspiration

Wenn man einen eigenen Podcast machen will, hilft es, andere Podcasts zu konsumieren. Ich bin seit Jahren leidenschaftlicher Podcasthörer und dabei vielseitig interessiert. Natürlich habe ich meine Favoriten. Ich unterscheide grundsätzlich zwischen reinen Interview-Podcasts, die spontan eingesprochen werden und ohne grosse Untermalungen und Storytelling auskommen, und Erzählpodcasts, die eine Geschichte ins Zentrum stellen und diese mit Sounds und Interviewsegmenten ergänzen und betonen. Natürlich gibt es Überblendungen beider Kategorien, die nicht eindeutig zuzuordnen sind. Und oftmals sind das die besten. Zwei dieser speziellen Sorte, ja meine eigentlichen Favoriten, werde ich nun kurz vorstellen. Beides sind US-Produktionen.

Der erste ist Geschichtsfans bekannt. Er heisst Hardcore History und wird von Dan Carlin, einem früheren Radiomoderatoren, produziert. Es sind extrem aufwändige Podcasts, die aber im Endeffekt sehr simpel wirken. Der Grund: Man hört nur Dan Carlin. Es gibt keine Interviews, und es gibt keine Musik- oder Reportage-Elemente (abgesehen vom Intro). Carlin erzählt. Und er macht das so gut, dass der Zuhörer nicht mehr benötigt. Carlin erzählt lebhaft von speziellen Epochen oder Ereignissen in der Geschichte. Zum Beispiel vom Konflikt zwischen Rom und Karthago, vom Russlandfeldzug der Nazis, von der Auseinandersetzung Cäsars mit den keltischen Stämmen. Ein Podcast dauert um die 3 bis 4 Stunden, und oft ist das nur einer von mehreren Teilen. Es sind wie Audiobücher, nur besser, da Carlin nicht bloss einen Text vorliest, sondern wie bei einem guten Vortrag mit Stichworten und Themen arbeitet. Und oft wird es zur Plauderei, was aber nicht störend ist – im Gegenteil. Geschichte wird so sehr lebendig. Hierzu tragen vor allem die Beschreibungen bei. Er spricht nicht bloss von den Kelten, sondern sagt wie sie waren, wie sie aussahen, wie sie sprachen. Sagt, dass Schnurrbärte eine wichtige Rolle in der keltischen Kultur spielten. Es sind genau solche Details, die bei einem Podcast – und eigentlich jeder guten Story – wichtig sind. Carlin macht auch Vergleiche zur aktuellen Zeit und Gedankenspiele – was wäre, wenn? Er schildert die Dramen, als wäre er selbst dabei gewesen. Absolut hörenswert!

Das zweite Beispiel heisst Euphomet und ist eher unbekannt. Es sind eher kürzere, sehr sorgfältig produzierte Podcasts, welche ungewöhnliche («paranormale») Erlebnisse ins Zentrum stellen. Jim Perry nimmt sich dabei sehr zurück. Er führt in die Geschichte ein, aber lässt vor allem den Interviewten sprechen. Die Geschichten sind sehr persönlich und speziell. Oft werden die Interviews unterwegs oder am «Ort des Geschehens» aufgenommen, was zur Atmosphäre beiträgt. Dasselbe gilt für die musikalische Untermalung, die perfekt passt. Die Länge ist für meinen Geschmack optimal: Zwischen 45 und 90 Minuten. Die Länge ist ja immer so ein Thema. Wie lang ist zu lang? Ich persönlich finde Kurzpodcasts unnötig. Ich kann mit 10-15-minütigen Podcasts nichts anfangen. Denn wenn ich Podcasts höre, will ich nicht bloss Informationen, sondern möchte ein Thema vertieft lernen und abtauchen und mich inspirieren lassen.

Natürlich gibt es viele mehr. Allgemein kenne ich nur wenige deutschsprachige Podcasts, die mir wirklich gefallen. Aber man hört halt, was man einmal für gut befunden hat. Was einem anspricht, was gefühlsmässig stimmt. Neues suchen und anhören, das kommt zu kurz. Leider ist der Podcast-Markt auch schon ein wenig übersättigt mit vielen durchschnittlichen Alibi-Produktionen. Und so stösst man beim Stöbern vielleicht auf 10 schlechte Podcasts und 1 guten. Ein Juwel findet man eher selten. Leider.

Ich möchte mich bei meinem Podcast an den oben genannten orientieren. Mir schwebt eine Produktion vor, die grossen Wert auf die Geräusch- und Musikkulisse legt und eine Erzählung ins Zentrum stellt. Interviews können einfliessen, müssen aber nicht. Zumindest am Anfang. Ich möchte eine gute Geschichte erzählen, bei der ein persönliches Drama, ein Konflikt im Zentrum steht. Gute Beschreibungen, der Fokus auf stimmige Episoden sollen das Ganze tragen.

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