Wertvolle Hobbyarchäologen

Für meinen unveröffentlichten Artikel über Jonas Glanzmann konnte ich im Oktober 2020 ein Interview mit Wenke Schimmelpfennig vom Archäologischen Dienst des Kantons Bern führen. Mich interessierte die Zusammenarbeit zwischen den Profis und den Hobbyarchäologen oder Ehrenamtlichen. Die Ressortleiterin Archäologisches Inventar gab mir schriftlich Auskunft.

Frau Schimmelpfennig, welche Bedeutung haben Hobbyarchäologen wie Herrn Glanzmann für die etablierten Akademiker wie Sie? Wie können Sie von ihnen profitieren?

Wenke Schimmelpfennig: Der Archäologische Dienst arbeitet mit einer Reihe Interessierter zusammen, die sich auf unterschiedlichste Weise mit der Geschichte oder der Archäologie beschäftigen. Meist setzen sie sich mit jener Region intensiv auseinander, aus der sie kommen oder in der sie wohnen. Diese Auseinandersetzung findet auf vielfältige Art und Weise statt – während manche eher mit einer konkreten Frage in Büchern oder Archiven recherchieren, schätzen andere die Suche nach Auffälligkeiten im Gelände oder nach Funden – wieder andere kombinieren alles. Für uns ist diese Zusammenarbeit aus verschiedenen Gründen sehr wertvoll:

– Es wird viel Zeit investiert. Auch in Regionen, in denen bislang nicht viele Fundstellen bekannt sind, wird in grossem Umfang Zeit in Recherche und Suche investiert.

– Die Motivation einem Thema nachzugehen, kann eine andere sein, als die wissenschaftliche Fragestellung. Es wird auch Hinweisen und Geschichten, manchmal auch einem «Gspüri» nachgegangen, die auf den ersten Blick keine Verbindung zur Archäologie erkennen lassen – manchmal gibt aber auch das den Link zu neuen archäologischen Erkenntnissen.

– Wir profitieren von der Kenntnis der Region, Anwohner, Landbesitzer… . Während der Arch. Dienst den gesamten Kanton im Blick behält und dort der Fokus auf dem Schutz des Bestehenden im Zusammenhang mit Bauvorhaben, Planungen etc. liegt, haben die Archäologieinteressierten einen ganz anderen Zugang zu «ihrer» Region. Sie kennen Geschichten und Sagen, die Landschaft, alte Wege, das Gelände. Auch eine Erzählung eines Bekannten aus der Nachbarschaft kann zu einer längst vergessenen Fundmeldung führen.

Ich nehme an, dass es auch weniger gute Erfahrungen gibt mit den Hobbysuchern. Haben Sie da vielleicht Beispiele?

Wenn jemand mit dem Archäologischen Dienst Kontakt aufnimmt und die Zusammenarbeit sucht, besteht auf beiden Seiten ein Interesse, diese Zusammenarbeit funktionieren zu lassen. Diese bestehenden Kooperationen funktionieren gut. Negativbeispiele finden sich eher dort, wo es nie zu einer Zusammenarbeit kommt. Schaden nimmt die Archäologie vor allem durch die illegalen Suchen, die wir meist nur indirekt mitbekommen. Meldungen von Grabungslöchern in Burgstellen bis zu den Spuren illegaler Metalldetektorsuche zeigen uns einen Ausschnitt der Schäden, die durch die Suche nach Archäologie angerichtet werden.

Allgemein: Wie werden eigentlich archäologische Funde im Kanton Bern gemacht? So generell. Ich nehme an, Vieles stammt aus Bauprojekten und ähnlichen Grabungen. Wie sind hierbei die Funde durch Hobbyarchäologen einzuordnen?

Das archäologische Inventar umfasst über 4000 Fundstellen. Die meisten davon sind schon lange bekannt, viele Einträge gehen auf Fundmeldungen und Grabungen aus dem 19. und Anfang 20. Jh. zurück. Bauprojekte begleiten wir meist dort, wo wir wissen, dass archäologische Reste vorhanden sind. Sie werden gegraben und dokumentiert, um diese Informationen für die Zukunft zu sichern. Aber auch bei solchen Begleitungen werden neue Fundstellen entdeckt. In den letzten fünf Jahren wurden etwa 100 neue Fundstellen aufgenommen. Davon gehen etwa die Hälfte auf Aktivitäten des Archäologischen Dienstes zurück, die andere Hälfte beruht zum grossen Teil auf Fundmeldungen von Interessierten. (Dazu kommen noch zufällige Fundmeldungen von Entdeckungen auf Baustellen, von Spaziergängen etc.). Dieses Verhältnis zeigt die grosse Bedeutung der freiwilligen Tätigkeiten für den Archäologischen Dienst.

Haben Sie sonstige Bemerkungen oder Ergänzungen?

Die Zusammenarbeit mit archäologisch Interessierten haben wir in den letzten Jahren intensiviert. Mit dem steigenden Interesse an der Kooperation wächst auch die Herausforderung für unsere Dienststelle. Für eine funktionierende Zusammenarbeit braucht es Ressourcen, neben dem sonstigen Tagesgeschäft muss dem Zeit und Raum eingeräumt werden. Wenn dies gelingt, entsteht eine für beide Seiten gelungene Kooperation.

Bild: Wikimedia

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