Über die verschwundenen Seen

Immer mal wieder stöbere ich zu den verschwundenen Seen im Westen Thuns. Ich meine die Überbleibsel der Eiszeit, die nach und nach verschwanden. Die letzten vor wenigen hundert Jahren. Heute gibt es noch eine ganze Reihe von Kleinseen in den Gemeinden Amsoldingen, Uebeschi, Blumenstein, Gurzelen und anderen. Mich interessieren die Gewässer, die komplett weg sind. Wo lagen die? Wie wurden sie genutzt? Und wann und wie gingen sie «ein»? Diese Fragen interessieren mich primär.

Momentan suche ich Informationen zusammen und bin dabei bereits auf ein paar interessante Stellen in alten Zeitungen gestossen. Ich habe sie kopiert und gebe sie hier unkorrigiert wieder:

Aus einer Meldung im Oberländer Tagblatt vom 12. Mai 1909:

Wir können beifügen, daß auch auf der hügeligen MoränenLandschaft zwischen Aaretal und Stockental eine ganze Reihe kleiner Seen verschwunden sind. Da fand sich oberhalb Uebeschi der Aegel- oder Egelsee, dessen Wasser seinerzeit in den Friedgraben abgeleitet wurde und dessen Ufer noch sichtbar sind. Daß in diesem allerdings nicht gar tiefen Wasserbecken nicht nur Egel, sondern auch Fische sich aufhielten, geht ans alten Kaufbeilen hervor. Und in einem alten Taufrodcl der Kirchgemeinde figuriert im Jahr 1577 ein „Peter Hänni, der Fischer von Uebeschi». Zwischen Thierachern und Längenbühl liegt ein Heimwesen, die „Weiermatt» genannt. Dort dehnte sich früher ein Wasserbecken aus, das der Familie von May (1499 —1606) in Bern gehörte. Ein ähnlicher aufgestauter See muß sich am Kaberweid’Wald der Burgergemeinde Amsoldingen, westlich der nach Zwicselbcrg führenden Straße, befunden haben. Der Damm blieb erhalten und die Namen Weier, Weicrmoos und Weiermatt sind noch jetzt gebräuchlich. Ein ferneres Wciermoos liegt unterhalb Uebeschi, beim sogen. Snbel. Alte Marchbeschreibungen deuten auf ein Gebäude hin, das samt dem Wasserbecken dem Franziskanerkloster in Bern gehörte. Noch nicht ganz verschwunden ist der Geistsee bei Forst.

Aus einem Artikel im Geschäftsblatt für den oberen Teil des Kantons Bern vom 17. August 1912:

Wer kennt nicht die anmutigen stimmungsvollen Seebecken zwischen Stockhornkette und Aare, die dieser Gegend ein so eigenartiges Gepräge verleihen? Und doch, es fehlte einmal, so wären heute an ihrer Stelle sumpfige Niederungen oder Torfmoore. 1666 kaufte der Fenner von Stürler den Dittligersee, mit der Absicht, ihn abzugraben, was glücklicherweise sich nicht verwirklichte. 1680 beabsichtigte Ritter Balthasar Am Büel aus dem Wallis, der damalige Besitzer der Herrschaft Gerzensee, den dortigen See in die Aare absließen zu lassen. Doch mußte der Versuch wegen der Härte der Nagelfluhbänke, die man hätte durchbohren müssen, ausgegeben werden. Auch der Amsoldingersee war einmal gefährdet. Der abenteuerliche Landmajor Müller, Besitzer des dortigen Gutes gegen Ende des 18. Jahrhunderts, plante ebenfalls eine Ableitung des dortigen Sees, die aber unterblieb. Dagegen sind drei andere Seebecken dieser Gegend, die im 16. Jahrhundert nachweisbar noch bestanden, wirklich verschwunden, und zwar der Aegelsee hinter Uebeschi, an dessen Ufer noch Ende des 16. Jahrhunderts ein Fischer wohnte, der See unterhalb des Weiersbühl, in dem noch in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts die Reste eines Wasserschlößchens sichtbar waren und das große Wasserbecken an der Straße Thierachern-Blumenstein, an den noch heute der Name Weierwald erinnert.

André Lotter vom Institut für Pflanzenwissenschaften an der Uni Bern konnte mir sehr hilfreiche Infos liefern. Vor allem die verlinkte Karte ist super. Sie zeigt, wo die verschwundenen Seen lagen und dass es offenbar einst ganz viele davon gegeben hat:

Wenn Sie die geologische Karte des Gebiets konsultieren, können Sie davon ausgehen, dass die Moränen- und Drummlinlandschaft um Amsoldingen voll von Seen und Mooren gewesen sein muss. Bei allen Gebieten mit gestrichelt-horizontaler Signatur handelt es sich um um verlandete Seen und (oft später) drainierte Moore. Die gesamte Gegend ist gekennzeichnet durch sehr viele sog. Toteislöcher in denen sich am Ende der letzten Eiszeit, vor etwa 15’000 Jahren viele kleinere Seen bildeten. Je nach Tiefe der Becken haben sich diese dann früher oder später im Verlauf des Holozäns mit Sedimenten aufgefüllt, sind verlandet und darauf haben sich Nieder- und Hochmoore gebildet. Die tiefen Toteislöcher sind heute noch mit Wasser gefüllt (Amsoldinger-, Üebeschi-, Dittlig-, Geist- und Gerzensee), werden sich aber im Verlauf der Jahrtausende auch mit Seeablagerungen auffüllen und dadurch verlanden.

Bild: Wikimedia

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